Industriemuseum Brandenburg - "Was im Stahlwerk passiert, bleibt im Stahlwerk"

Bei unserer 3-Tages-Tour zum Schloss Plaue war der Samstag randvoll mit Museumsbesuch und Dampferfahrt - plus einem abendlichen Kneipenbesuch. 

Aber zunächst zum Industriemuseum (Link zu Wikipedia und zur Homepage)  in der Stadt Brandenburg im Bundesland Brandenburg:

Alte Autos vor altem Gemäuer


Die beiden Stahlwerke waren mal der größte Arbeitgeber in der Stadt Brandenburg, geblieben ist das heute dem italienischen Stahlkonzern Riva  gehörende Elektrostahlwerk. Vom ehemals mit 12 Öfen bestückten Stahlwerk nach dem Siemens-Martin (sprich französisch: Martäng) -System konnte nach der Stilllegung nur noch der letzte neueste Ofen gerettet werden. Daraus entwickelte der Förderverein ein lebendiges Museum zum Anfassen - wenn man keine Angst hat, sich schmutzig machen. 

An manchen Stellen hat man das Gefühl, die Stahlwerker würden oben im ersten Stock im Pausenraum sitzen und ihren Kaffee trinken, bevor sie sich wieder in die Halle begeben. Das lag zum Teil auch an Alex, der uns als Gruppe treppauf und treppab führte. 




Zuerst gab es ein Video zu sehen mit alten Filmaufnahmen der Arbeit der Stahlwerker. Dann wurde sich passend zum echten vorhandenen Arbeitsdreck mit dunklen Jacken ausstaffiert. Die gelben Helme sind wohl keine dringend nötige Vorsichtsmaßnahme als dem einfacheren Durchzählen der hinter dem Museumsführer hertrottenden Herde geschuldet. Das Gruppenfoto sieht aber sehr dekorativ aus. 




Dann geht es in die Halle mit den Kränen, riesigen Haken und den Gießpfannen auf Schienen. Uns fliegen die Fachbegriffe um die Ohren und jeder versucht tapfer, nicht den Faden zu verlieren. Lustig wird es immer, wenn Alex vom Alltag der Stahlwerker erzählt, etwa warum Frauen nicht oben auf dem großen Kran arbeiten durften oder von den Konsumgütern, die als Waren für die DDR-Bevölkerung produziert werden mussten. Dazu gehörten neben Stahlmöbeln Und kleinen Autoanhängern merkwürdigerweise auch Holzspielzeuge, die in der werkseigenen Holzwerkstatt gefertigt wurden.
Italienisch anmutende Sitzmöbel, kannte ich von unserem ersten Besuch nach der Wende in Merane von der Eisdiele


Alte Spindtüren

Ofen XII


Sehr ernst wird es, als wir erfahren, dass in dem Werk während des zweiten Weltkrieges etwa 3.000 Zwangsarbeiter gab, von denen einige der Fron, dem Hunger und der Hoffnungslosigkeit entkamen, indem sie in die überkochenden Stahlpfanne beim Anstich sprangen. 

Unser Führer erzählt aber auch, wie in der DDR-Zeit die Stahlwerker rundum versorgt waren mit Wohnungen und kleinen Häuschen, wo seine Eltern als ehemalige Arbeitskräfte im SM-Stahlwerk wie auch im gegenüberliegenden noch rentabel arbeitenden Elektrostahlwerk noch heute im Rentenalter leben. Das Stahlwerk betrieb eine eigene Klinik und Kindergarten. Aus den privaten Schilderungen stammt auch der Spruch aus der Überschrift "Was im Stahlwerk passiert, bleibt im Stahlwerk", was jeder kennen dürfte, der jemals in einem größeren Betrieb mit Männern und Frauen gearbeitet hat. 



Zurück im Kassenraum merkten wir erst, wie durchgefroren wir alle waren, der Ofen in der Halle war ja nicht beheizt. Bei einem Becher Kaffee oder Tee wärmten wir uns auf, bevor wir den kleinen Raum mit der Brennabor-Ausstellung erkundeten. Brennabor war eine Firma, die zunächst Kinderwagen in vielen Variationen herstellte, dann Fahrräder und später motorisierte Fahrzeuge. Brennabor baute auch Rennwagen, unterhielt vor dem 2. Weltkrieg einen eigenen Rennstall und war bis zum Kriegsende und der Demontage der nicht zerbombten Betriebsteile mit einer der größten Arbeitgeber in Brandenburg.




Unser Besuch endete kurz vor dem Mittagessen und einer kurzen Ruhepause, bevor wie mit dem Ausflugsschiff den Plauer See und die Havel befuhren. 



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