Der Römer und die StaSi

Aus der losen Reihe "Der Wert der Dinge"

Dies ist das Jahr der "silbernen" Jubiläen. Der Mann und ich sind 25 Jahre verheiratet, unserer Großer wird 25 und vor 25 Jahren öffneten sich die Grenzen zur damaligen DDR. Von einem Tag auf den anderen war so vieles verschwunden, was auch uns Menschen im Westen jahrzehntelang auf der Seele gelastet hatte. 
Auch Westdeutsche, besonders die mit privaten oder beruflichen Ostkontakten standen teilweise unter Beobachtung der StaSi. Oder des BND. Oder des MAD wie Bundeswehrangehörige. Manchmal war da so ein komisches Knacken im Telefon. 
Am Schlimmsten aber war immer das Gefühl, dass Pakete von Oma und Opa oder in den Osten verschickte Pakete von irgendjemandem geöffnet worden sein konnten. 
Viel hatten meine Großeltern nicht, nur kleine Renten, aber sie wollten uns dennoch etwas Gutes tun. So schickte meine Oma einmal zwei Pakete mit Bleikristall-Weingläsern - Römern, die in den 60ern schick und modern waren.


Das Päckchen mit den wohlverpackten lilafarbenen Gläsern kam heil bei uns zu Hause an, aber die ebenso gut verpackten grünen Römer waren direkt unter dem Kelch zerbrochen. Hatten die Postboten Weitwurf damit gespielt? Hatte uns jemand diese Gläser nicht gegönnt? Wir wussten es nicht. Mein Mutter warf die Bruchstücke heulend in den Mülleimer. Damit war für sie der ärgerliche Fall erledigt. Für mich als Kind eigentlich auch. Die beiden Gläser zogen irgendwann in mein Speisezimmer -"Die passen bei Dir besser hin!" der übliche Trennungs- und Rausschmeißsatz meiner Eltern.
Die beiden Gläser standen dann allein in einem Wandschränkchen. Bis zu dem Tag, als ich auf einem Flohmarkt diese beiden anderen bunten Gläser fand. Eines in Blau und das andere in genau dem Flaschengrün, das die zerbrochenen Gläser gehabt hatten.

Kommentare